Von finanziellen Entscheidungen bis zu Bürgernähe
Bilanz der ersten 100 Tage: Herr Henn, wie haben Sie sich in Ihrer neuen Rolle als Erster Bürgermeister von Hallbergmoos eingelebt?
„Viel Zeit zum Einleben gab es nicht – schon drei Wochen nach Amtsantritt stand die erste Haushaltssitzung an. Ich bin direkt voll eingetaucht. Ich habe viel zugehört und wusste schnell: Das hier ist der richtige Platz für mich. Natürlich dauert es noch eine Weile, aber jeden Tag bekomme ich mehr Einblicke und Freude an meinem Amt. Es fühlt sich richtig an.“
Was waren Ihre größten Erfolge in den ersten 100 Tagen? „
Ich hebe zwei Dinge hervor: Zum einen die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat. Parteipolitische Kämpfe sind nicht mein Ziel – es geht um das Beste für die Gemeinde. Zum anderen ist mir Bürgernähe wichtig. Ein aktuelles Beispiel: Beim Brückenbau an der Kochstraße habe ich frühzeitig mit den Anwohnern gesprochen und transparent informiert. Auch die Kommunikation mit der Verwaltung läuft sehr gut – das motiviert für die Zukunft.“ Gab es Herausforderungen, mit denen Sie nicht gerechnet hatten? „Eine große Herausforderung war der Haushalt. Wir müssen sorgfältiger mit den Mitteln umgehen und die Ausgaben prüfen. Der Fokus liegt auf den Pflichtaufgaben, aber mir sind auch freiwillige Leistungen wichtig. Außerdem ist das Thema Bürokratie eine Herausforderung. Ich will Dinge schnell umsetzen, aber bürokratische Abläufe bremsen manchmal. Trotzdem funktioniert es bisher gut.“
Was sind die derzeit drängendsten Probleme in der Gemeinde?
„Rückläufige Gewerbesteuereinnahmen sind eine Herausforderung. Wir müssen neue Unternehmen anziehen, um die Einnahmebasis zu sichern. Zudem sind viele gemeindliche Gebäude in einem Alter, dass sie umfangreiche Instandhaltungen benötigen. Im aktuellen Haushalt sind bereits 10 Millionen Euro dafür eingeplant.“
Wie ist der aktuelle Stand bei Themen wie Infrastruktur, Schulen, Verkehr oder Bauprojekte?
„Es tut sich einiges! Die Luitpoldbrücke wird neu gebaut, und bei der Grundschule sind teilweise Vergaben zur Generalsanierung erfolgt. Bei der Mittelschule laufen die Planungen für die Dachsanierungen. Wichtige Infrastrukturprojekte sind die Verlängerung der Junkersstraße und der Ausbau von Photovoltaikanlagen. Weitere Projekte umfassen die Entwicklung des Areals in der Dornierstraße süd sowie natürlich der Neubau der Feuerwehr“ Wie wurden Sie im Gemeinderat als Person aufgenommen? „Die Aufnahme war sehr offen und neugierig. Die Zusammenarbeit ist sachlich und konstruktiv. Es gibt unterschiedliche Meinungen, aber alles läuft fair und respektvoll ab.“
Wie gestalten Sie die Zusammenarbeit mit den Fraktionen?
Gibt es Konflikte? „Die Zusammenarbeit ist ehrlich und direkt. Jeder bringt eigene Schwerpunkte ein, was die Arbeit lebendig macht. Unterschiedliche Meinungen gehören zur Demokratie, aber wir sprechen Klartext und finden oft eine sachliche Einigung. Mein Anspruch ist es, lösungsorientiert zu arbeiten.“
Wie bringen Sie Ihre eigenen Ideen in den Entscheidungsprozess ein?
„In den ersten Monaten habe ich vor allem Informationen gesammelt. Ein Beispiel: Das Thema Kinderarztpraxis ist für mich Chefsache. Ich bringe zu anderen Themen Ideen mit voller Überzeugung ein, sei es für eine schönere Gestaltung des Rathausplatzes oder den bereits beschlossenen Pumptrack. Dabei denke ich auch immer an die finanzielle Umsetzbarkeit.“
Wie stellen Sie sicher, dass die Bürger in Entscheidungsprozesse eingebunden werden?
„Mir ist es wichtig, jederzeit ansprechbar zu sein – sei es auf der Straße, bei Veranstaltungen oder im Rathaus. Die direkte Ansprache der Bürger zeigt mir, dass der Kontakt unkompliziert ist. Ich möchte auch mehr Beteiligung ermöglichen, zum Beispiel durch eine digitale Plattform oder die Beteiligung in der Gemeinde-App.“
»…jeden Tag bekomme ich mehr Einblicke und
Freude an meinem Amt. Es fühlt sich richtig an.«
Erster Bürgermeister Benjamin Henn
Haben Sie vor, Bürgersprechstunden oder andere Beteiligungsformate zu etablieren?
„Ich glaube nicht, dass der Bürgermeister die Bürger ins Rathaus rufen sollte. Der Bürgermeister muss zu den Menschen kommen. Zusätzlich möchte ich neue Beteiligungsformate schaffen, besonders für junge Menschen. Ein Jugendparlament wäre ein wichtiger Schritt.“
Welche Anliegen haben Ihnen die Bürger bisher am häufigsten mitgeteilt?
„Es freut mich, wie direkt die Menschen mich ansprechen, mit dem Satz „weil ich dich gerade sehe…. „ Häufig genannte Themen sind Kinderbetreuung, Verkehr und das Wachstum der Gemeinde. Ein zentraler Wunsch ist, den besonderen Charme von Hallbergmoos zu bewahren, während gleichzeitig Platz für Wachstum geschaffen wird.“
Was sind Ihre Prioritäten für die nächsten Monate und Jahre?
„Ich möchte Bebauungspläne zügig voranbringen und den Flächennutzungsplan überarbeiten. Den B301-Ausbau und die Entwicklung des urbanes Gebiet an der Dornierstraße sind zentrale Projekte. Aber es geht mir nicht nur um gewerbliches Wachstum, sondern auch um eine ausgewogene Entwicklung von Hallbergmoos und Goldach.“
Gibt es größere Projekte oder Investitionen, die Sie anstoßen möchten?
„Wichtige Projekte sind die Stärkung des Biotechnologie- Clusters und die Realisierung von Hybrid One neben der Surf Town. Ein Traumprojekt wäre eine direkte Anbindung an die U6 – das würde unserem Standort einen enormen Schub geben.“
Wie wollen Sie die Gemeinde finanziell auf eine sichere Basis stellen?
„Wir dürfen uns nicht nur auf die Gewerbesteuer verlassen. Ich setze auf gezielte Fördergelder und eine strikte Haushaltsdisziplin. Unsere Wirtschaftsförderung soll gezielt neue Impulse setzen, um gesund zu wachsen.“
Was hat Sie in den ersten 100 Tagen am meisten überrascht?
„Ich war überrascht, wie schnell Veränderungen möglich sind, wenn man anpackt. Es ist beeindruckend zu sehen, wie viele Menschen in der Verwaltung und der Bevölkerung aktiv mitgestalten wollen.“
Was bereitet Ihnen an Ihrer neuen Aufgabe die größte Freude?
„Die größte Freude bereitet mir das direkte Feedback der Menschen und der Gestaltungsspielraum, den ich habe. Es motiviert mich sehr, wenn Bürgerinnen und Bürger für eine Sache begeistert sind und sich dafür einsetzen.“
Wie gehen Sie mit Kritik um, und gab es bereits schwierige Entscheidungen?
„Kritik nehme ich sehr gerne an, wenn sie fair und respektvoll ist. Eine schwierige Entscheidung war die Abschaffung meiner damaligen Stelle im Bereich Sport, Kultur und Freizeit.. Dennoch möchte ich klare Entscheidungen treffen, die nicht jedem gefallen, aber ich kommuniziere sie offen.“
Das Interview führte Heiko Schmidt.